Rest in Peace, Ray.







Antirat zieht um:
-> Das Cabinet des Christian Erdmann





Freitag, 26. August 2011

Schuld und Mnemosyne: Miss PEZ, Kessler-Zwillinge, France Gall, Ribanna




















SPIEGEL ONLINE Forum
Medien-Dauerthema: Auf dem Weg zum "Neuen Mann"?

August 2006






Henning Veitgen:
Es soll Frauen geben, die diesen Effekt schon mit einer halben Tüte M&M's erreichen. Früher hießen die mal Treets - überhaupt, was war denn falsch an diesem Namen? Baff will ich auch zurück und Brauner Bär, Drei Musketiere und Hubba Bubba Zimt. Und Klementine fehlt mir genauso wie der Hustinetten-Bär. Verdammt, meine Welt liegt doch in Scherben. Die kann man sich doch gar nicht mehr schönsaufen. ;-)






Aljoscha der Idiot:
Erinnert sich jemand an die Frau auf den PEZ-Automaten? In die war ich total verknallt. PEZ war Dreck, aber man stiefelte da troubadourisch hin, um gleich mal zu lernen, was Frauen alles mit einem anstellen.






Henning Veitgen:
Gemeiner war nur noch die Palmolive-Werbung.
Tilly: "Du badest gerade deine Hände darin." Sie aufkreischend: "In Spülmittel?" Tilly: "Nein, in Palmolive." Was habe ich mitgelitten. In meinem Leid wäre das Elend der sonstigen Welt viel zu spät gekommen. Ich war auf der Seite dieser armen Frau, die ihre zarten Hände in einem verstümmelnden Säurebad gewöhnlicher Spülmittel dünkte. Hätte Tilly sie nicht gerettet, ich hätte es getan, ich hätte es getan.

Tilly schockte damals alle Frauen dieser Welt. Die sieben biblischen Plagen waren um eine achte solche erweitert. Abwaschen macht eure Hände alt und häßlich. Und ihr werdet sein, wie eure Hände. Als hätten sich die Prophezeiungen des Johannes vollfüllet.

"Es wird ein spülendes Ungemach der vielen Wasser über die Welt kommen und sein Zeichen wird 666 sein. Jeder sich regenden Hand sei ein Tropfen des Anti-Christen gewahr. Tauche deine Hand in häuslichem Gewerk und schon das Wasser rufet den Namen der Versuchung. Wer aber preiset den Herrn und sich der Schmiere versagt, wird ewig sein. Doch wer sich meiner Worte nur in Tropfen und Sprengseln verweigert, wird in den Meeren seiner Blindheit ertrinken".

Und ich saß vor dem Fernseher, unfähig diese zarten Hände zu retten. Das wird mich ewig verfolgen. Ich schäme mich. Oh, wie ich mich schäme.






Aljoscha der Idiot:
Henning, wir verstehen Dich. Und es ist gut, daß Du es der Gruppe erzählt hast. Ich wußte schon als 6jähriger: ich trage eine Mitschuld am Grauschleier, am Gilb, am ganzen Elend, das die Tränen dieser zarten Kreaturen verursachte... aber eines Tages werde ich gut sein. Zum Beispiel... Ribanna befreien. Aus der Höhle des Schurken Forrester. Die Fesseln durchschneiden, mit der Ribanna in "Winnetou 2" an Leutnant Merril gefesselt war. Aber dann, andererseits, auf der Quartettkarte sah das eigentlich ziemlich gut aus, wie Merril da an Ribanna gefesselt war. Das war vielleicht auch nicht schlecht, so als Leutnant Merril. Rollenwahl war immer schon verteufelt kompliziert. Man verstrickte sich immer tiefer in Schuld. Durfte man überhaupt hinsehen, wenn die Kessler-Zwillinge für "nur die" herumstöckelten? Die Zerknirschung, wenn France Gall in einer deutschen TV-Show deutsch sang, und meine Eltern sagten: "Die versteht doch gar nicht, was die singt!" Ich stellte mich insgeheim gegen meine Eltern, ich schämte mich für sie, ich entschied mich für France Gall, so fängt nämlich die Revolution im Kinderzimmer an, liebe Eltern, und dann wundert ihr euch über die Tropfen des Anti-Christen in der sich regenden Hand, das waren Aufstände gegen die Mitleidlosigkeit gegenüber der leidenden Schönheit!







Henning Veitgen:
Miss PEZ war natürlich klasse, allein die Uniform. Aber wenn Sie auf den Automaten starrten, starrte ich auf die schäbige Ausgabe, auf die blöden Bonbons, die sich hartnäckig in dem Spende-Schacht einer Goofy-Figur verkanteten. Und immer schnappte bei den verschiedenen Figuren dieser vermaledeite Kopf zu, weil diese ganze Mechanik viel zu groß für die Hand eines 6-jährigen war. Ich meine, wenn je ein Junge, der sich damit rumgeplagt hat, nicht beschlossen haben sollte, Ingenieur zu werden, dann wollte er wahrscheinlich Tänzer werden. Was ja nicht schlecht ist, man kann solche Frustrationen sicher auch choreographisch bewältigen. Ich wette, daß Tausende von Männern mehr heutzutage Germanistik, Romanistik oder Philosophie studieren würden, wären sie nicht in ihrer Kindheit von den Unzulänglichkeiten der PEZ-Figuren zu den mechanischen Studiengängen gedrängt worden. Was soll ich sagen? Die Gesellschaft wäre besser! Wir ahnen gar nicht um den idealen Staat, den PEZ verunmöglicht hat. Das ist es, was ich der Gruppe heut' erzählen mußte. Verdammt mich, richtet über mich, aber wäget meine Worte.

















































Dienstag, 23. August 2011

Vorweihnacht mit Cured Catherine (5): Postekstatisches Stammeln














(ins Off ruft) ALORS, MONSIEUR! KENNEN SIE EIGENTLICH DIESEN ALLE WELT MUSIK LADEN (GEGENÜBER VON BALUTSCHISTAN)?
 
DA KANN MAN REINGEHEN UND SAGEN: ICH SUCHE DIESEN SONG: DADADADADAMMDAMDAAADAADAM. DER LADENMANN TAUCHT DANN IN SEIN CD-MEER UND SAGT: JA, HAB ICH DA, ABER NUR IN DER ALTEN VERSION... :) UNFASSBAR!!










Schön sieht's hier aus!
 
Und was genau war nochmal DADADADADAMMDAMDAAADAADAM? The Drummers of Burundi? Nusrat Fateh Ali Khan?
 
Der Laden liegt direkt neben meiner demnächst überflüssigen Bank, ich habe ihn früher mehrfach zielsicher verfehlt im Gewirr von Eppendorfer Weg, Marktplatz, Landstraße, Baum und Krötenwanderweg.

Ich muß demnächst noch postekstatisch von den Smashing Pumpkins stammeln und auch von Sweeney Todd, aber ich bewege mich mit neuer Systematik noch ungeschützt durchs Virtuelle und ziehe mich vorerst in den Sonntagmittag mit manischen Straßenpredigern zurück. The Year Of Purification.









Es sieht schön aus? Ach, naja, ich würde gern mal (weiter-) renovieren, aber die Zeit ist dagegen. Irgendwann wird sie erweichen. Na, dann beglückwünsche ich Sie zur neuen Systematik, hoffentlich enthält sie nicht allzu undurchschaubare Logik? Ach ja, stammeln Sie postekstatisch, ich bin gespannt, schwebe ich doch selbst noch irgendwo zwischen Hamburg, Berlin, Oberhausen, Grinding Halt und Freak Show herum. Gerade gesehen hab, dass Michael Stipe und seine Jungs im Sommer nach Berlin reisen, die Editors im Gepäck, hui, da würde ich gern weiterschweben... A year of purification, hmhm. Seufz, make it June...
 
Ihre Bank wird überflüssig? Wie wird sie überflüssig? Gehen Sie dazu über, selbst zu drucken? :) Ach, Unsinn. Das hier macht Sinn, dadadamm:

22.3. 0:47 h Ortszeit. Zeit für:

The very best, Dear! 









I. Billy Corgan, im langen silberglänzenden Rock, perfekte Mischung aus Nosferatu und tibetanischem Mönch. Von "Porcelina Of The Vast Oceans" bis "Ava Adore" all meine Lieblinge dabei, mit einem Song wie "United States" spült er die Emporkömmlinge ruckzuck vom Olymp, freut sich diebisch, in einem Medley Uriah Heeps "Easy Livin'" und Buffalo Springfields "For What It's Worth" unterzubringen und arbeitet weiter am Beweis, daß er es ernst meinte, damals, beim Auftritt auf der Reeperbahn, als er sagte, nachher kämen noch die Scorpions, falsch, aber dann, auf das allgemeine Daumenrunter für die Scorps: "I love the Scorpions." Zwischendrin singt er "My Blue Heaven" mit unfaßbar geölter Stimme und bricht einem dann mit einer Akustikversion von "Perfect" das Herz. Die neue Bassistin, Ginger Reyes, ist das Entzückendste, was man je auf einer Bühne sah, und das ist nur die Übertreibung eines D'Arcy-Verehrers.










 
Magisch. Das Seltsamste an den Smashing Pumpkins ist, daß sie beweisen: je tiefer man geht, um so mehr gibt es zu wissen.


II. Sie kennen "To Sheila" von "Adore"? Da ist dieser Mittelteil, der Schlagzeugloop hört auf und die Gitarre wird plötzlich abgelöst durch dieses einsame Banjo.
 

 
 
 

 
 
 
Lately I just can't seem to believe
Discard my friends to change the scenery
It meant the world to hold a bruising faith
But now it's just a matter of grace.

Und ich fühle mich genau wie dieses Banjo.

 
 






III. "Sweeney Todd", der dunkelste Film, den es gibt, nichts leuchtet außer den blassen Teints von Johnny Depp und Helena Bonham Carter, den Rasierklingen, dem roten Blut, und der By-the-Sea-Vision von Mrs. Lovett. Unfaßbar, daß ein so makabrer Film, der teilweise pures Grand Guignol ist, so rührend sein kann. Johnny Depp, was soll man noch groß sagen, aber für mich ist Helena BC der Star hier, ab dem Moment, in dem sie ihren Song von den, ugh, schlechtesten Pasteten Londons singt, ist man ihr verfallen. Sie und Depp singen umwerfend gut. Hinterher möchte man mit Schebberjacke rausgehen und den Leuten "Pirelli's Miracle Elixir" anpreisen. Mehr dunkle Seite des viktorianischen London geht nicht, und Helena Bonham Carter als Mrs. Lovett sollte fashion icon werden.
 
 









IV. Dankeschön für die 0:47 Ortszeitwünsche, da versackte ich gerade nach "I'm Not There" mit Pjotr und einer Flasche Freixenet. Cate Blanchett ist unfaßbar, ich traue keinem "Subterranean Homesick Blues"-Video mehr.
 
Selber drucken wäre mal ein echter Break, aber die Maschinen sind verrostet im Schattenreich.

















































Montag, 15. August 2011

PEZ-Automat







Traum, 11.10.1996

... später raube ich einen PEZ-Automaten. Was ich schon lange vorhatte, weil ich die Frau auf dem PEZ-Automaten schon immer klasse fand. Es ging ganz leicht. Ich konnte sogar den Alarm-Mechanismus im Inneren des Automaten entschärfen, der zugleich ein Postkasten war und daher von offizieller Seite geschützt. Kinderspiel. Alles ging bestens. Bis ich mit dem Automaten zurückkam. Zu Skeptizismus, Zweifel, Nichtvertrauen. Und plötzlich war auch die PEZ-Frau auf dem Automaten nicht mehr die PEZ-Frau. Eine reine Kausalkette.







Letzter PEZ-Automat, den ich in freier Wildbahn sah. 90s.















Sonntag, 14. August 2011

Friederike Roth






"Sie war ein hübsches Mädchen, die Friedl. Schlank, mit langen Beinen, einem feingeschnittenen Gesicht, und einem süffisanten Lächeln um den kleinen Mund." 

(Soma Morgenstern)











"Am 5. März 1922 hatte [Joseph Roth] in Wien Friederike (Friedl) Reichler geheiratet. Friedl war zwar eine attraktive, intelligente Frau, aber weder war sie eine Intellektuelle noch entsprach das ruhelose, mondäne Leben an der Seite eines reisenden Starjournalisten ihren Bedürfnissen. Darüber hinaus zeigte Roth Symptome einer fast pathologischen Eifersucht. Bereits 1926 hatten sich erste Symptome einer geistigen Erkrankung bei Friedl gezeigt, 1928 wurde die Krankheit manifest. Friedl wurde zunächst in der Nervenheilanstalt Westend behandelt, dann wohnte sie – von einer Krankenschwester betreut – eine Zeitlang bei einem Freund von Roth. Die Krankheit seiner Frau stürzte Roth in eine tiefe Krise. Er war nicht bereit, die Unheilbarkeit der Krankheit zu akzeptieren, hoffte auf ein Wunder, gab sich die Schuld an der Erkrankung – Wahnsinn galt und gilt unter frommen Juden ja als Strafe Gottes. Eine mögliche Besessenheit durch einen Dibbuk veranlasste ihn zu der (erfolglosen) Konsultation eines chassidischen Wunderrabbis. Während dieser Zeit begann er heftig zu trinken. Auch seine finanzielle Situation verschlechterte sich.

Als auch die Unterbringung bei Friedls Eltern keine Besserung brachte und die Kranke zunehmend in Apathie verfiel, brachte man sie im November 1930 in das Sanatorium Rekawinkel bei Wien, im Dezember 1933 kam sie in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Am Steinhof bei Wien, schließlich im Sommer 1935 in das Landesklinikum Mostviertel Amstetten-Mauer. Friedls Eltern wanderten 1935 nach Palästina aus und Roth beantragte die Scheidung. Im Jahr 1940 wurde Friedl Roth nach Linz-Niedernhart (heute Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg) gefahren. Niedernhart war eine Tarnanstalt, aus der sie weiter zur Vergasung in die gleichfalls vom SS-Arzt Rudolf Lonauer geleitete NS-Tötungsanstalt Hartheim verbracht wurde (siehe Aktion T4). Die Todesurkunde nennt als Datum den 15. Juli 1940."


(wiki)